
„The Secret of Secrets“ von Dan Brown, erschienen bei Lübbe ᵘⁿᵇᵉᶻᵃʰˡᵗᵉ ᵂᵉʳᵇᵘⁿᵍ, ᴿᵉᶻᵉⁿˢⁱᵒⁿˢᵉˣᵉᵐᵖˡᵃʳ
(Übersetzt von Dietmar Schmidt und Rainer Schumacher)
Der sechste Thriller der Robert Langdon-Reihe von Dan Brown kam als Überraschungspaket von Lübbe zu mir — inklusive Signatur des Autors! Meine Freude war riesig und so ist auch mein Dank an den Verlag. Guten Gewissens kann ich sagen, dass meine Bewertung des Buches davon vollkommen unbeeindruckt blieb. Es ist sowieso herausragend!

Robert Langdon ist mit seiner Freundin Katherine Solomon in Prag, wo sie einen Vortrag zu ihrem Forschungsthema eingeladen wurde. Zeitgleich wird der Verlag gehackt, bei dem ihr neues Buch erscheinen soll — und das offensichtlich von Profis mit besonderen Fähigkeiten und Ressourcen. Am nächsten Morgen bricht Chaos über die beiden Wissenschaftler herein: Katherine verschwindet spurlos, Robert wird verhaftet und es beginnt eine Jagd durch die tschechische Hauptstadt.
Wer hier Freund ist und wer Feind, ist lange nicht eindeutig bzw. verändern sich mehrmals die Perspektiven. Das wird stark durch Browns Erzählstil unterstützt, der einerseits als allwissender Erzähler unterschiedliche Sichtweisen der verschiedenen Protagonisten darstellt, gleichzeitig (furchtbar unfair) die Lesenden durch Andeutungen im Unklaren lässt, welche Erkenntnisse die Personen gerade gewonnen haben. Dadurch bleibt die Spannung konstant erhalten und das Buch bleibt frei von Längen (was in meiner Erinnerung nicht bei allen Büchern der Reihe so war…).
Es vergeht kaum mehr als ein Tag in Prag, was die hohe Erzähldichte verdeutlicht. Verschiedene Perspektiven und zahlreiche Wendungen prägen das Leseerlebnis und machen es zu einem Genuss. Auch optisch und haptisch ist das Buch ein Highlight: Die goldene Schrift auf schwarzem Grund des Schutzumschlags mit der Illustration in türkis im Zentrum, die auch das Buch selbst ziert, macht es zu einem Hingucker im Regal. Der rote Buchschnitt gibt da den letzten Schliff.
Dan Brown gelingt es nicht zum ersten Mal, wissenschaftliche, moralische und ethische Fragestellungen zu kombinieren. Das Buch ist modern und aktuell, wobei ich mich mehrfach fragte, ob die beschriebene Rolle und Positionierung der USA in der Welt mit der derzeitigen Regierung und gesellschaftlichen Entwicklung noch in Einklang gebracht werden kann. Gerade in der Literatur, die mich über die letzten Jahrzehnte geprägt hat und ein zwar durchaus oft (zu recht) differenziertes, aber insgesamt (ebenso zu recht) stabiles Bild der USA vermittelt hat, wird in meiner Wahrnehmung die Veränderung der letzten Zeit besonders deutlich.
In meiner sehr persönlichen Bewertung ist „The Secret of Secrets“ das Buch aus der Langdon-Reihe, das ich am realistischsten und plausibelsten finde. Die zusammengestellten wissenschaftlichen Erkenntnisse und Forschungsergebnisse, die gezogenen Schlüsse und Ableitungen waren für mich nachvollziehbar und lassen mich daran glauben, dass sich diese Geschichte wirklich so zutragen könnte. Ich empfand einige Passagen mehr als nur erhellend, mind-blowing trifft es da wohl ganz gut. Ich will hier aber auch nicht zu viel verraten, dieses Buch muss man selbst lesen und es auf sich wirken lassen!
Die Geschichte dreht sich auch stark um die Literatur- und Verlagswelt. Einige Schlüsselszenen spielen im Gebäude von Penguin Random House in New York. Die explizite Widmung für seinen Lektor Jason Kaufman vor dem Prolog hatte ich zwar gelesen, aber ehrlicherweise auch schnell wieder vergessen. Als sich ein nicht geringer Teil der Geschichte um Robert Langdons und Katherine Solomons Lektor Jonas Faukman drehte, bekam ich den Eindruck, dass hier jemandem den Lektoren mehr Aufmerksamkeit zuteil werden lassen wollte — von der wichtigen, unverzichtbaren Rolle im Hintergrund ins Zentrum des Geschehens.
Nach der Lektüre wurde mir in den Danksagungen dann noch deutlicher, dass in „The Secret of Secrets“ einige Hommagen an wichtige Personen aus Browns professionellem Umfeld enthalten waren: US-Botschafterin Heide Nagel ist nach seiner Agentin Heide Lange benannt, Field Officer Susan Housemore nach seiner persönlichen Assistentin Susan Morehouse und sein „digitaler Guru“ Alex Canon fand als IT-Experte von Penguin Random House namens Alex Conan seinen literarischen Zwilling.
Etwas schade ist, dass dem hier gefeierten Lektorat dann ein Logikfehler durchgerutscht ist: In einer Szene fällt zuerst ein Schuss und danach fragt sich der Schütze, ob die Pistole in seiner Hand geladen ist…
Das tut dem herausragenden Gesamteindruck natürlich keinen Abbruch. Ich habe die knapp 800 Seiten in kürzester Zeit verschlungen und jede einzelne von ihnen genossen, in wohlig-aufgeregter Anspannung und zum Teil großer Verblüffung. 5/5 Sternen und eine uneingeschränkte Leseempfehlung.
Klappentext:
Robert Langdon, Symbolforscher aus Harvard, begleitet seine Freundin Katherine Solomon nach Prag. Katherine bereitet die Veröffentlichung eines Buches vor, das bahnbrechende Entdeckungen über die wahre Natur des menschlichen Bewusstseins offenbart. Doch ein brutaler Mord stürzt die Reise in ein unvorhersehbares Chaos, und Katherine verschwindet plötzlich, ebenso ihr Manuskript. Langdon sieht sich fortan einer mächtigen Organisation gegenüber und wird von einem unheimlichen Angreifer verfolgt, der aus Prags ältester Mythologie entsprungen zu sein scheint und nur ein Ziel verfolgt: gnadenlose Rache. Umgeben von imposanten Burgen und Kirchen, auf geheimnisumwitterten Friedhöfen und in unterirdischen Labyrinthen jagt Langdon durch eine Stadt, die mehr in ihren dunklen Schatten offenbart als im Licht des hellen Tages. Prag stellt Robert Langdown vor die größten Herausforderungen, hier muss er Rätsel lösen, die zu mächtig sind, um enthüllt zu werden.
Buchinfo:
Titel: The Secret of Secrets
Autor: Dan Brown
Erschienen bei: Lübbe
Seiten: 800
ISBN: 978-3-7857-2770-6
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