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„Großraumdisco“ von Christine Drews, erschienen beim DuMont Buchverlag

Eine Zeitreise in die 80er-Jahre

Darum geht es:

Es ist das Jahr 1986 und Anni feiert zusammen mit ihrer besten Freundin Vera und ihren anderen Klassenkameraden das bestandene Abitur in der norddeutschen Provinz in einer Großraumdisco. Als die Abizeitung verteilt wird, bekommt sie einen Schock: Sie wird darin verspottet! Dabei weiß nur Vera von ihren „Ticks“ und Anni will nichts mehr mit ihrer besten Freundin zu tun haben. Sie geht nach Bremen, um Psychologie zu studieren und kommt da der Ursache für ihre Zwangshandlungen auf die Spur. Außerdem findet sie Freunde, lernt in einer Disco den Banker Christian kennen und nimmt einen Job bei einer Fernsehshow an. Es scheint sich alles zum Guten zu wenden, aber irgendwann holt sie die Vergangenheit wieder ein.

Mein Leseeindruck:

Ich fühlte mich beim Lesen zurückversetzt in die 80er-Jahre, der Zeit von Neonfarben, toupierten Haaren, Schulterpolstern und Davidoff Cool Water. 

Das Buch spielt auf mehreren Zeitebenen und wird aus der Sicht von drei Leuten erzählt. Dabei fand ich es interessant, dass die Autorin verschiedene Arten der Erzählform gewählt hat.

Anni war für mich die Hauptperson. Sie schildert ihre Erlebnisse aus der Ich-Perspektive. Durch sie habe ich viel über Zwänge erfahren, was ich sehr interessant fand. Der Autorin gelingt es deutlich zu machen, dass die gesellschaftliche Akzeptanz von psychischen Erkrankungen noch gering ist und dass sich die Betroffenen meist schämen. Annis Job bei einer Fernsehproduktion mit Rudi Carrell hatte auch eine große Rolle in dem Buch und hat für mich viele Erinnerungen geweckt.

In einem weiteren Erzählstrang wird von einem auktorialen Erzähler von Christian berichtet. Er ist beruflich auf der Überholspur unterwegs, rutscht aber aufgrund seiner Vergangenheit in eine ungesunde Abhängigkeit ab. Seine Figur wirkte für mich leider zu sehr wie ein Stereotyp: Ein Banker kann seinen 14-Stunden-Tag nur überstehen, wenn er zwischendurch eine Line zieht.

Etwas unerwartet waren die in kursiver Schrift eingeschobenen Kapitel über eine kranke Person, der ich erst zum Schluss einen Namen zuordnen konnte. Die Einschübe wirkten für mich beim Lesen wie ein Stilbruch, ergaben aber zum Schluss Sinn.

Die Geschichte und vor allem der Ausgang dieser hat mich sehr berührt. Auch ich habe schon eine ähnliche Situation erlebt und so hat das Buch starke Emotionen in mir geweckt.

Was erst holprig wirkte, macht die Geschichte zum Schluss für mich aus und durch ihre Authentizität ist sie mir richtig unter die Haut gegangen. 

Fazit: Such dir Hilfe, wenn du ein Problem hast und melde dich bei deinen Freunden. Wahre Freundschaften sind bekanntlich rar gesät.

Ich spreche eine Leseempfehlung aus und vergebe 4/5 Sternen (unbezahlte Werbung, Rezensionsexemplar).

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