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„Mord auf der Trabrennbahn“ von Beate Maly, erschienen bei emons

Schon das Cover hat mich direkt in die 20er-Jahres des letzten Jahrhunderts gezogen. Ein „historischer Kriminalroman“, der ihn Wien spielt, das klang vielversprechend. Doch in Wahrheit hatte die Trabrennbahn meine Aufmerksamkeit geweckt, als ich durch das Bücherangebot bei emons streifte: Mein Mann hat den Sport einige Jahre mit Leidenschaft betrieben und zumindest auf dem Papier war ich Mitbesitzerin einiger mehr oder weniger talentierter Rennpferde (nacheinander, nicht mehrerer gleichzeitig). Meinem Kindheitstraum, ein eigenes Pony zu besitzen, kam dies jedoch nicht wirklich nahe und ich blieb auch immer mit beiden Beinen auf dem Boden der Tatsachen, während mein Mann selbst im Rennen in den Sulky stieg (unbezahlte Werbung, selbst gekauft).

Zum Buch: Es handelt sich hierbei bereits um den siebten Band der Krimireihe um die pensionierte Lateinlehrerin Ernestine Kirsch und ihren Lebensgefährten Anton Böck, einen Apotheker im Ruhestand. Wobei er wohl gerne im Ruhestand wäre, an der Seite der neugierigen Ernestine kann von Ruhe jedoch keine Rede sein. Auch dieses Mal führt sie der Zufall in die Nähe eines Todesfalls und als wenig später am selben Ort, der Trabrennbahn in der Wiener Krieau, ein Mord geschieht, ist die Detektivin in Ernestine erneut geweckt.

Ihr Stiefschwiegersohn in spe, Erich Felsberg, leitet die Ermittlungen und während er sich sonst eher gegen Ernestines Ermittlungsambitionen sträubt, ist er in diesem Fall schnell dankbar für ihren Spürsinn, ihre Empathie und Menschenkenntnis sowie ihre Hartnäckigkeit, mit der am Ende der Fall gelöst wird. Die Auflösung hat mich dabei durchaus überrascht.

Während der Prolog, in dem das Dienstmädchen Karolina ein uneheliches Kind unter schwer erträglichen Bedingungen zur Welt bringt, düstere Stimmung verbreitet und unter die Haut geht, folgen danach mehr als 200 Seiten unterhaltsame Lektüre, die viel gute Laune verbreitet und mich in das Leben im Wien der 20er-Jahre des 20. Jahrhunderts entführt hat. In einer Zeit zwischen den beiden Weltkriegen folgen die Lesenden einem Paar, das das Leben zu genießen weiß. Die sympathischen Hauptpersonen ins Herz zu schließen, fiel mir leicht – und machte Lust, auch die anderen Bände auf meine „zu lesen-Liste“ zu setzen. Die detailreichen Schilderungen des Alltags gaben der Geschichte zwar keine Dynamik, aber sorgten bei mir für Wohlfühlatmosphäre beim Lesen.

Natürlich ist nicht alles eitel Sonnenschein im Wien der 20er, neben der Schere zwischen Arm und Reich, die man beim Pferderennen ganz hervorragend aufspannen kann zwischen dem Stallpersonal und den normalen Besuchern auf der einen und den Aristokraten, Funktionären und Rennstallbesitzern auf der anderen Seite ist es vor allem der versteckte bis offen artikulierte Antisemitismus, den Beate Maly am Beispiel des Polizisten Erich darstellt. Einhundert Jahre später wissen wir natürlich, worin diese menschenfeindlichen Tendenzen gipfelten – für mich bleibt es unvorstellbar. Wir müssen zusammen dafür sorgen, dass sich so etwas niemals wiederholt.

„Mord auf der Trabrennbahn“ ist ein lesenswertes Buch mit einer spannenden Kriminalgeschichte, das mir 4/5 Punkten wert ist.

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