„Das letzte Versprechen“ von Hera Lind, erschienen bei Knaur
Ich war sehr neugierig auf den neuen Tatsachenroman von Hera Lind, denn ihre vorherigen Romane haben mich immer sehr bewegt. Im Rahmen einer Leserunde auf „Lovelybooks“ habe ich das Buch gelesen (unbezahlte Werbung)
Zum Inhalt:
Lazarfeld an Heiligabend im Jahr 1944: Für die 5-jährige Anni zerbricht die heile Welt, denn ihre Familie wird auseinandergerissen und sie müssen alle ums Überleben kämpfen. Die Mutter wird in ein Arbeitslager nach Sibirien verschleppt und Anni landet in einem jugoslawischen Kinderheim. Und das nur, weil sie als sogenannte Donauschwaben dafür bezahlen müssen, was das Hitler-Regime angerichtet hat. Ihre Oma bleibt die ganze Zeit an ihrer Seite und gibt ihr Halt. Als sie im Nachkriegsdeutschland ihre Mutter wiedersieht, holen sie die Schatten der Vergangenheit immer wieder ein.
Mein Leseeindruck:
Die Geschichte von Anni Eckardt und ihrer Familie hat mich emotional tief bewegt. Der Tatsachenroman hat mich schockiert zurück gelassen und ist definitiv nichts für schwache Nerven. Die Autorin hat sich hier an harten Stoff gewagt und hat Anni und einem ganzen Volk eine Stimme verliehen, so dass die Verbrechen, die ihnen angetan wurden nicht in Vergessenheit geraten.
Vor dem Lesen des Buchs hatte ich noch nie etwas von den sogenannten Banater Schwaben oder auch Donauschwaben gehört. Sie siedelten sich im 18. Jahrhundert im Banat in Südosteuropa an. Nach der Befreiung Europas von dem Hitler-Regime wurde die Region von Serben und Russen ethnisch gesäubert und das Volk der Banater Schwaben musste für die Gräueltaten der Nazis büßen, in dem ihnen selbst unfassbare Dinge angetan wurden.
Abwechselnd wird das Buch aus der Sicht von Anni und ihrer Mutter Amalie erzählt. Dadurch habe ich das spätere Verhalten von Annis Mutter besser verstanden. Immer wieder werden Gedichte von Annis Großvater eingeschoben, die tief blicken lassen.
Besonders gut hat mir gefallen, dass das Buch die gesamte Lebensgeschichte von Anni erzählt. Als sie selbst Großmutter ist, schließt sich der Kreis.
Anna, wie sie sich als Erwachsene nennt, hat viele Schicksalsschläge ertragen müssen und hatte es nicht leicht im Leben. Trotz allem hat sie nichts von ihrer Gutmütigkeit eingebüßt und ich bewundere sie dafür. Es gibt auch schöne Momente, die mich richtig gerührt haben. Sehr gefallen hat mir ein eingeschobenes Kapitel, in dem Hera Lind die mittlerweile 82-jährige Anna besucht. Hier konnte ich mir noch einmal ein zusätzliches Bild von ihr machen.
Was hier auch gut rüberkommt ist, dass viele Menschen nach dem Krieg traumatisiert und unfähig zu lieben waren. Zeit, sich einer zarten und geschundenen Kinderseele anzunehmen, hatte kaum jemand. Das fand ich sehr bedrückend und erschreckend.
Den Schreibstil würde ich als sehr angenehm und fesselnd beschreiben und der ganze Aufbau des Buches hat mir sehr gut gefallen.
Fazit: Hera Lind hat die Lebensgeschichte von Anni Eckardt auf hochemotionale Weise erzählt, die noch lange nachhallt. Sie hat damit ein Mahnmal erschaffen, in dem sie auf das Schicksal eines ganzen Volkes aufmerksam macht. Ich finde es richtig und wichtig solche Bücher zu schreiben und spreche eine klare Leseempfehlung aus!