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„Ein Geist in der Kehle“ von Doireann Ní Ghríofa, erschienen beim btb Verlag 

(übersetzt von Cornelius Reiber und Jens Friebe), unbezahlte Werbung, Rezensionsexemplar

Klappentext:

Zwei Schriftstellerinnen, Jahrhunderte voneinander getrennt: In ihrem ungewöhnlichen Prosadebüt verbindet Doireann Ní Ghríofa Essay und Autofiktion, um das Innenleben und die tiefe Verbundenheit zwischen zwei schreibenden Frauen aus zwei verschiedenen Epochen zu erkunden. Es ist eine Feier des Lebens, der Liebe und des rechten Umgangs mit Leiden.

Im 18. Jahrhundert trinkt eine irische Adelige, als sie erfährt, dass ihr Mann ermordet wurde, eine Handvoll seines Blutes und verfasst ein außergewöhnliches Gedicht, das zum nationalen Mythos werden wird. In der Gegenwart entgeht eine junge Mutter nur knapp einer Tragödie und stößt auf ein Gedicht, das sie bereits als Schulkind gelesen hat. Besessen von den Parallelen zu ihrem eigenen Leben macht sie sich auf die Suche nach dem verschwiegenen Rest des Geschehens.

Eine große Geschichte über eine Frau, die ihre Stimme befreit, indem sie in die Vergangenheit vordringt und die einer anderen findet.

Meine Meinung:

Auf dem Buch steht unter dem Titel folgender Text: „Dies ist ein weiblicher Text geschrieben im einundzwanzigsten Jahrhundert. Wie spät es ist. Wie viel sich verändert hat. Wie wenig.“

Die Autorin Doireann Ní Ghríofa ist Dichterin und Essayistin und das spiegelt sich im ganzen Buch in ihrer außergewöhnlichen Schreibweise wider. Sie schafft es mühelos eine Verbindung zwischen Gegenwart und Vergangenheit herzustellen. Sie ist fasziniert und regelrecht besessen von den Parallelen zum Leben von Eíbhlin Dubh Ní Chonaill, die im 18. Jahrhundert lebte und wegen des von ihr verfassten Klageliedes auf ihren ermordeten Ehemann berühmt wurde.

Auch auf mich hat das Buch eine Faszination ausgeübt, denn es lässt sich in keine Schublade stecken. Ní Ghríofa hat mich von Anfang an mit ihren eindringlichen, ehrlichen und tiefgründigen Worten mitgerissen. 

Sie schreibt von sich selbst, dem Alltag als Frau und Mutter, Rückschlägen und Erfolgen und hat offensichtlich ein Auge fürs Detail. 

Sie versucht, mehr über das Leben von Eíbhlin Dubh Ní Chonaill herauszufinden und wühlt sich durch alte Bücher, besucht Archive und Friedhöfe und stellt fest, dass es gar nicht so einfach ist, an Informationen zu gelangen. Das 18. Jahrhundert war eine von Männern bestimmte Welt und so sind auch nur von Männern verfasste Schriftstücke erhalten, die nur wenige Informationen über Frauen, insbesondere von Eíbhlin Dubh Ní Chonaill, enthalten.

Aber Doireann Ní Ghríofa gibt nicht auf: Da wo sie keine Informationen bekommt, füllt ihre Fantasie die Lücke und so imaginiert sie, selbst an den Orten der Vergangenheit stehend, über den Werdegang der Frau, die durch ihr Klagelied einen nationalen Mythos schaffen soll. 

Nichts für schwache Nerven sind dabei die Einschübe, die die Autorin aus ihrem eigenen Leben preisgibt und nach und nach mit dem Leben von Eíbhlin Dubh Ní Chonaill verwebt.

Ich fand das Prosadebüt absolut gelungen und mitreißend, auch wenn mich die Vehemenz einiger Nachforschungen schon an Besessenheit erinnern. Aber vielleicht ist es genau diese Leidenschaft, dieses Feuer, die die treibende Kraft hinter dem Werk war. Bei mir haben sich die Worte von Doireann Ní Ghríofa jedenfalls eingebrannt und machen das Leseerlebnis unvergesslich. Ich kann nicht anders, als die volle Punktzahl zu vergeben (5/5 Sternen) und eine Leseempfehlung für alle auszusprechen, die bereit für ein andersartiges Buch sind.

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