„Pick me girls“ von Sophie Passmann, erschienen bei Kiepenheuer & Witsch
Mal wieder ein Hype-Buch. Ich habe es als Rezensionsexemplar (unbezahlte Werbung) angefragt, weil mich die kontroverse Debatte um dieses Buch neugierig gemacht hat. Wobei, ehrlich gesagt hat es meinen Mann neugieriger gemacht als mich – und deswegen hat er das Buch gelesen, um hier bewusst die männliche Perspektive einzubringen. Hier also seine Gastrezension:
Vorab: Ich kannte Sophie Passmann vom Namen, hatte aber noch nichts von ihr gelesen oder gesehen bzw. gehört (also zum Beispiel ihren Podcast). Ebensowenig kannte ich den Begriff „Pick me girls“, was mich vielleicht als Rezensenten direkt abqualifiziert. Gesehen habe ich Sophie Passmann dann, nachdem ich das Buch durchgelesen hatte, in der Sendung „Neo Ragazzi“. In der Folge mit drei Zwillingspaaren fand ich sie sehr sympathisch und witzig – was mich nach der Lektüre des Buchs positiv überrascht hat.
„Pick me girls“ sind, soweit ich es verstanden habe, Frauen, die sich verstellen, um Männern zu gefallen. Meine spontane Assoziation war allerdings falsch, zumindest was die Darstellung im Buch angeht – „Pick me girls“ wollen nicht einfach flachgelegt werden, sondern als „unkomplizierte Kumpel“ Teil des Lebens der Männer sein. Okay, da war ich raus, weil ich diesem Typ Frau niemals in meinen vierzig Lebensjahren (bewusst) begegnet bin (dem anderen Typ auch nicht oft, aber das ist eine andere Geschichte).
Entsprechend hat mich das Buch etwas verwirrt zurückgelassen. Ich kam nie wirklich in die Welt hinein, die Sophie Passmann da zeichnet. Obwohl ich sicher kein Freund des Patriarchats bin, finde ich einigermaßen schräg, dass gemäß der Darstellung im Buch es die Frauen selbst sind, die sich selbst und ihren Geschlechtsgenossinnen das Leben schwer machen mit den Erwartungen, wie eine Frau zu sein hat. Irgendwie sind die Männer dann trotzdem daran schuld, obwohl sie keine aktive Rolle in diesem Buch spielen. Strange.
Gleichzeitig mag ich das Buch keinesfalls verreißen, wie es andere Buchblogger taten (mein Highlight: Die ungewohnte Verwendung eines Plurals zu kritisieren, ohne einen Blick in den Duden geworfen zu haben, ob die Schreibweise möglicherweise korrekt ist…). Tatsächlich ist es eine sehr persönliche, intime und ehrliche Schilderung, die auf mich absolut authentisch wirkt. Ihr Erleben kann ich nachvollziehen, auch wenn es nur wenige Schnittmengen zu meiner (Lebens-)Wahrnehmung gibt.
Es geht viel darum, nicht wie andere Frauen zu sein. Vielleicht ist diese Stereotypisierung ein Problem der aktuellen Zeit, das durch (soziale) Medien befeuert wird. Passmann bezeichnet Meredith Grey (die Hauptperson aus Grey’s Anatomy, ich habe alle Folgen gesehen und empfinde tiefe Abneigung gegenüber dieser Figur) als das erste „Pick me girl“ überhaupt – und da bin ich dann doch sehr froh, in meinem Leben vielen wirklich starken Frauen begegnet zu sein, die einen Scheiß darauf gegeben haben, was andere von ihnen dachten, und die sich vor allem nicht darüber definierten, welcher Kerl gerade auf sie stand (oder eben nicht).
Nun bin ich gemäß der Vorworte auch gar nicht der Adressat des Buches, und so kriegen wir am Ende glatt die Kurve zu einer Empfehlung: Hätte ich eine Teenagertochter (und nicht drei Söhne), würde ich ihr das Buch zum Lesen geben. Allen anderen gebe ich den Rat: Kann man lesen, muss man aber nicht unbedingt. Wer mitreden will, sollte es natürlich gelesen haben. Meine Bewertung: 3,5/5 Sternen