„Eine gute Frau“ von Maria Frensborg, erschienen im Arche Verlag, aus dem Schwedischen von Karoline Hippe
Kann man überhaupt alles richtig machen?
Helena hat einige Probleme: Klimakrise, das Elend auf den Straßen, ungesunde Zusatzstoffe im Essen und die Bildschirmzeit ihrer Kinder Elmer und Juni. Als dann auch noch ihr Mann Jonas eine Reise nach Mallorca organisiert, ohne sie vorher einzuweihen, droht ihr Leben vollends aus dem Ruder zu laufen.
„Warum musst du alles so kompliziert machen, Helena?
Nein, sie erträgt tatsächlich keine Konventionen, erträgt keine Luxusgeschenke, schimmernde Nachthemden (…) und vielleicht betrachtet man das nach einer Weile als Makel, wenn man die rosarote Brille abgesetzt hat.“ Zitat S. 253
In diesem Textausschnitt beschreibt Helena sich selbst ganz gut. Sie ist gnadenlos mit allem und jedem um sich herum. Überall findet sie einen Haken. Und so kämpft sie mit ihren Gedanken, an denen wir ein ganzes Buch lang teilhaben dürfen. Unablässig dreht sich ihr Gedankenkarussell und sie steht sich selbst im Weg. Aber vielleicht findet sie am Ende dann doch noch einen Ausweg.
Die Frage ist doch: Muss man immer so konsequent sein? Muss man die coole Mutter sein, oder ist es okay, wenn man auch so alt rüberkommt, wie man wirklich ist? Und was sagt eigentlich Jonas, ihr Mann dazu, dass Helena so ist, wie sie nun mal ist und einfach nicht aus ihrer Haut kann?
Der Schreibstil war für mich gewöhnungsbedürftig. Ich musste mich unglaublich konzentrieren, weil die Sätze so lang waren. Außerdem fehlt die wörtliche Rede. Aber ich habe mich darauf eingelassen. Genauso, wie ich mich auf Helena eingelassen habe. Und was holprig startete, entpuppte sich später als eine meiner interessantesten Leseerfahrungen, die ich nicht mehr missen möchte.
Ich mochte die Protagonistin bis zum Schluss nicht. Aber: Ich fühlte es. Ich fühlte sie, diese Energie, alles richtig machen zu wollen, eine gute Frau zu sein. Dann war ich aber auch wieder froh, dass das Buch erzählt war. Dass ich mir nicht mehr den Kopf über Zusatzstoffe im Essen zerbrechen muss und ohne Reue ein Mini-Eis am Stil, das in Plastikverpackung und mit viel Zucker daherkommt, genießen kann. Denn ich habe für mich entschieden, es deutlich lockerer anzugehen als Helena.
Wer offen für einen modernen Sprachstil ist und sich nicht vor langen Sätzen scheut, für den könnte das Buch genau das richtige sein. Falls du dich dafür entscheidest, wünsche ich dir eine gute Reise.
Und jetzt die wichtigste Frage: Sind sie in den Urlaub geflogen, oder nicht? Was meinst du?
Ich vergebe 4/5 Sternen. ᵁⁿᵇᵉᶻᵃʰˡᵗᵉ ᵂᵉʳᵇᵘⁿᵍ, ᴿᵉᶻᵉⁿˢⁱᵒⁿˢᵉˣᵉᵐᵖˡᵃʳ